Presse

Gespräch mit NRW-Innenminister Reul

Kein Pardon für Jäger im Waffenrecht

Ständige Verschärfungen im Waffenrecht in den zurückliegenden Jahren, häufigere, unangemeldete häusliche Aufbewahrungskontrollen, kleinliche Beanstandungen der Waffenbehörden, rigorose und teilweise unverhältnismäßige Ahndungen selbst kleinerer Verstöße gegen das Waffengesetz mit reflexartigem Widerruf der Waffenbesitzkarte (WbK) durch die Waffenbehörden und zuletzt eine immer unnachgiebigere, praxisferne Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in NRW haben viele der rund 95 tausend Jägerinnen und Jäger in NRW aufgebracht. Grund genug für die LJV-Verbandsspitze, kurzfristig um ein klärendes Gespräch bei NRW-Innenminister Herbert Reul nachzusuchen.

Am 24. Mai 2024 empfing daraufhin Minister Reul LJV-Präsidentin Nicole Heitzig und LJV-Vizepräsident Hans-Jürgen Thies MdB zu einem Klärungsgespräch, für das er sich über eine Stunde Zeit nahm. Ehe es in die Erörterung zahlreicher Einzelfragen ging, wiesen die beiden LJV-Vertreter den Minister auf die Systemrelevanz der ordnungsgemäßen Jagdausübung für die Ernährungssicherheit, den klimastabilen Waldumbau und für die Tierseuchenbekämpfung (z.B. ASP) hin. Ferner betonten sie die besonderen Leistungen der Jägerschaft bei der Verkehrsunfallwildentsorgung. Diese wichtigen Aufgaben, die die Jäger als Teil der kritischen Infrastruktur im Gemeinwohlinteresse erbringen, müssten auch beim Vollzug des Waffenrechts bei Jägern als rechtstreue Legalwaffenbesitzer Berücksichtigung finden.

Angebot des Ministers:

Minister Reul bestätigte diese wichtigen Funktionen der Jägerschaft und lobte ausdrücklich deren ehrenamtliches Engagement im Bereich des Natur- und Tierschutzes. Zugleich verwies er aber auch darauf, dass das Waffenrecht ausschließlich vom Bundesgesetzgeber geregelt wird und die Länder die bundesrechtlichen Vorgaben nur zu vollziehen haben. Auch gerichtliche Entscheidungen im eigenen Land seien wegen der Unabhängigkeit der Gerichte von den Landesbehörden zu respektieren.

Grundsätzlich müssten sich die Jäger, wie Minister Reul betonte, genauso wie alle anderen Personengruppen an die Vorgaben des Waffenrechts halten. „Wenn aber in Einzelfällen Waffenbehörden in NRW aus LJV-Sicht unverhältnismäßige oder gar nicht rechtskonforme Entscheidungen angekündigt oder sogar bereits getroffen haben sollten, bitte ich Sie, dies meinem Hause konkret mitzuteilen. Wir werden das prüfen und dem nachgehen.“  Ein beachtliches Angebot des Ministers, auf das der LJV NRW zurückgreifen wird!

Überlange Bearbeitungszeit in Waffenbehörden:

Den Hinweis des LJV, dass es in einigen Waffenbehörden in NRW zu sehr langen Bearbeitungszeiten bei der Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse komme, nahm Minister Reul sehr ernst. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die gestiegenen gesetzlichen Aufgaben, die die Waffenbehörden zu erfüllen hätten. Auch wenn den 29 landratsgeführten Kreispolizeibehörden zur Bewältigung des unter anderem dadurch entstandenen Mehraufwandes jeweils eine Stelle für Regierungsbeschäftigte im Jahre 2023 zugewiesen wurde, ist das Ministerium sich darüber im Klaren, dass dies nur ein Beitrag sein kann und vertraut an dieser Stelle auch in die Fach- und Ressourcenverantwortung in den Behörden. Weitere Stellenzuweisungen seien wegen der knappen Haushaltslage derzeit nicht zu erwarten.

Nach alledem steht zu befürchten, dass es in einigen Kreispolizeibehörden infolge Personalknappheit auch in Zukunft zu längeren Bearbeitungszeiten kommen kann. Waffenbesitzer, die Ein- oder Austragungen in ihrer WbK benötigen, sollten sich darauf einstellen.

Da die WbK aber beim Führen der Waffen mitzuführen ist (§ 38 Absatz 1 WaffG), sollten sich Jäger, deren WbK bei der Waffenbehörde zur Umtragung liegt, von diesem Dokument vorsichtshalber eine Fotokopie anfertigen, um bei einer Kontrolle nicht blank dazustehen.

Verzögerte Jagdscheinverlängerung infolge fehlender Behördenauskünfte:

Nicht selten verzögert sich die rechtzeitig beantragte Jagdscheinverlängerung, weil die von den Jagdbehörden einzuholenden Behördenauskünfte (Bundeszentralregister, staatsanwaltliches Verfahrensregister, örtliche Polizeidienststelle, Verfassungsschutzbehörde) noch nicht vorliegen. Allein die Auskunft der Verfassungsschutzämter dauert unter Umständen Wochen. Im zentralen staatsanwaltlichen Ermittlungsregister sind gelegentlich noch Eintragungen über Ermittlungsverfahren erfasst, von denen der Betroffene häufig nichts erfahren hat und die schon viele Jahre zurückliegen. Zu letztgenanntem Problem verwies das Innenministerium auf das Justizministerium. Der LJV wird diesen Hinweis aufgreifen. Im Übrigen empfehlen wir erneut allen Jägern, mit der Beantragung der Jagdscheinverlängerung nicht bis „auf den letzten Drücker“ zu warten, sondern den Verlängerungsantrag möglichst bereits 6 Wochen vor dem Ablauf des Gültigkeitsdatums bei ihren Jagdbehörden zu stellen.

Munitionsbesitz ohne gültigen Jagdschein ist Straftat!

Wer erlaubnispflichtige Munition besitzt, ohne Inhaber eines gültigen Jagdscheins zu sein, der begeht eine Straftat gemäß § 52 Absatz 3 Nr. 2 WaffG. Neben einer Geldstrafe kann dies auch den Widerruf der WbK wegen Unzuverlässigkeit zur Folge haben. Dies gilt nach Auffassung des Innenministeriums selbst dann, wenn die Jagdscheinverlängerung rechtzeitig beantragt wurde, sich aber seitens der Jagdbehörden wegen fehlender Behördenauskünfte über den 01. April hinaus verzögert.

Um diesem Dilemma zu entgehen, haben Jäger zwei Möglichkeiten. Entweder sie lassen sich beizeiten eine gesonderte Munitionsbesitzerlaubnis in ihrer WbK eintragen oder sie lassen ihre Munition vorübergehend bei einem befreundeten Jäger (mit gültigem Jagdschein) aufbewahren, bis der eigene Jagdschein verlängert wurde. Eine sicherlich umständliche, letztlich aber wohl zumutbare Lösung des Problems, das bei rechtzeitigem Verlängerungsantrag nur in seltenen Ausnahmefällen auftreten sollte.

Unzuverlässigkeit bei Aufbewahrungsverstößen:

In seinem Schlüsselurteil vom 30.08.2023 hatte das Oberverwaltungsgericht NRW (OVG) betont, dass bereits ein einmaliger, nicht völlig unerheblicher Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften eine negative Zukunftsprognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit rechtfertigen kann (Rz. 39). In der mündlichen Verhandlung hatte das OVG allerdings betont, dass derartige Aufbewahrungsverstöße zwar die Annahme einer absoluten Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Absatz 1 WaffG begründen, aber keine 10jährige Unzuverlässigkeitsprognose zur Folge haben können. Diese Rechtsauffassung wird vom NRW-Innenministerium geteilt, da der hierzu einschlägige § 5 Absatz 1 Nr. 2 WaffG keinen Zeitraum der Unzuverlässigkeit festlegt. Je nach Schweregrad des Aufbewahrungsverstoßes dürfen die betroffenen Jäger darauf hoffen, bereits nach 3 bis 5 Jahren eine neue WbK und einen neuen Jagdschein zu erhalten. Aber auch ein solcher Zeitraum ist für die allermeisten Jäger überaus schmerzhaft und sollte Grund genug sein, sich bei der Aufbewahrung von Waffen und Munition keinerlei Nachlässigkeiten zu erlauben.

Nachsicht bei geringeren Verstößen:

In seinem viel gescholtenen Schlüsselurteil vom 30.08.2023 hatte das OVG NRW sehr nachdrücklich hervorgehoben, dass nicht jeder nachgewiesene Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften „unweigerlich“ zu einer negativen Prognose im Sinne von § 5 Absatz 1 Nr. 2 WaffG führen darf. Es habe stets eine umfassende Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen stattzufinden, die für die zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können. Auch entlastende Umstände seien zu berücksichtigen (Rz. 43). Je geringfügiger der Verstoß sei, umso eher könne die Annahme künftigen Fehlverhaltens verneint werden (Rz. 46). Letzteres könne insbesondere anzunehmen sein, wenn das betreffende Verhalten als „situative Nachlässigkeit milderen Gewichts“ einzustufen sei und bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könne (Rz. 48).

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen des OVG NRW haben wir mit Minister Reul verschiedene Lebenssachverhalte erörtert, die von den hiesigen Waffenbehörden bisher sehr unterschiedlich behandelt wurden.

  1. Wer die zweiwöchige Frist für die Erwerbs- oder Überlassungsanzeige bei der Waffenbehörde um wenige Tage überschreitet, erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 53 Absatz 1 Nr. 7 WaffG.

Immerhin hat das Ministerium im Gespräch vom 24.05.2024 eingeräumt, dass ein solcher, rein formaler Fristenverstoß in der Regel nicht zu einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führt, also keinen WbK-Widerruf rechtfertigt.

  • Der Europäische Feuerwaffenpass gilt für 5 Jahre und kann um weitere 5 Jahre verlängert werden. Nach Ablauf seiner Gültigkeitsdauer muss der Feuerwaffenpass der zuständigen Behörde gemäß § 46 Abs. 1 WaffG unverzüglich zurückgegeben werden. Die Versäumung dieser Rückgabepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 22 WaffG dar. Nach Auffassung des Innenministeriums wird es sich regelmäßig jedoch nicht um einen gröblichen Verstoß handeln, der die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigt.
  • Gelegentlich stellt sich bei der Waffenaufbewahrungskontrolle heraus, dass zwischen dem tatsächlichen Waffenbestand und den Eintragungen in der WbK Diskrepanzen bestehen. Diese Diskrepanzen können u. a. den Waffentyp, das Modell, das Kaliber oder die Waffennummern betreffen. Die Abweichungen können auf fehlerhaften Angaben im Eintragungsantrag oder auf Fehler der Waffenbehörde bei der Eintragung beruhen. Der rechtstreue Waffenbesitzer hat indes grundsätzlich keine Nachteile zu befürchten. Dem Waffenbesitzer ist dennoch stets zu empfehlen, die von der Waffenbehörde vorgenommenen Eintragungen in der WbK gegenzuprüfen. Lässt sich anhand des ursprünglichen Antrags feststellen, dass der Fehler in der Sphäre der Waffenbehörde liegt, kann dieses Manko nicht dem Waffenbesitzer angelastet werden. Schwierig wird es jedoch in Fällen, in denen die Eintragung bereits Jahrzehnte zurückliegen und auf die Antragsunterlagen nicht mehr zu zurückgegriffen werden kann.  Hier wird es dann sehr auf die sachgerechte Einzelfallentscheidung der Waffenbehörde ankommen, wobei dem Waffenbesitzer im Zweifel kein Fehler (mehr) nachgewiesen werden kann. Daher wird dem Waffenbesitzer empfohlen, nach Absprache mit der Waffenbehörde, die entsprechende Waffe vorzulegen, um schnellstmöglich einen Datenabgleich durchführen zu können. Sowohl die Daten auf der Waffe als auch die Daten in der WBK sowie die Daten im NWR sollten jederzeit identisch sein, um Ungereimtheiten in jeglicher Lage zu vermeiden.
  • Manche Waffenbehörden werfen den Waffenbesitzern vor, ihnen nicht jede Neuanschaffung eines Waffenschrankes unaufgefordert mitgeteilt zu haben. Dabei ist folgendes zu beachten:

Bereits im Jahre 2009 wurde § 36 Absatz 3 Satz 1 WaffG insoweit angepasst, als dass die Maßnahmen zur sicheren Aufbewahrung auch bereits bei Antragstellung für eine Besitzerlaubnis nachgewiesen werden müssen. Aus der vorher geltenden „Holschuld“ der Behörde wurde damit eine „Bringschuld“ des Waffenbesitzers bzw. Antragsstellers, so dass ab diesem Zeitpunkt die Nachweispflicht unabhängig von einem behördlichen Verlangen bestand (vgl. Gesetzesbegründung BT Drs. 16/13423).

Unabhängig davon wird in der Praxis jedoch regelmäßig von den Waffenbehörden bei Feststellung eines Versäumnisses zunächst eine Aufforderung an den Waffenbesitzer versandt, ihr die konkrete Aufbewahrungssituation durch Lichtbilder und Kaufbelege der benutzten Waffenschränke nachzuweisen. Nach Auffassung des Innenministeriums führt die unterlassene Mitteilung über den Erwerb eines neuen Waffenschrankes nicht zur Unzuverlässigkeit des Waffenbesitzers. Allenfalls bei beharrlicher Verweigerung der geforderten Aufbewahrungsnachweise könnte diesem ein Widerrufsverfahren drohen. Im Ergebnis ist daher allen Waffenbesitzern anzuraten, jede Neuanschaffung eines Waffenschrankes am besten sogleich der zuständigen Waffenbehörde unter Beifügung einer Kopie des Kaufbelegs mitzuteilen. Dies erspart spätere Nachfragen und möglichen Ärger.

  • Einzelne Waffenbehörden sind inzwischen sogar dazu übergegangen, Waffenbesitzern eine unsorgfältig Waffenaufbewahrung vorzuwerfen, weil sie ihre Waffenschränke nicht an der Rückwand oder auf dem Fußboden verdübelt haben. So sinnvoll eine Verdübelung von Waffenschränken, insbesondere wenn diese unter 200 Kg wiegen, sein mag, so wenig ist eine derartige Sicherungsmaßnahme gesetzlich vorgeschrieben. Auch die für die sichere Waffenaufbewahrung maßgebliche Vorschrift des § 13 AWaffV (Allgemeine Waffengesetz Verordnung) verlangt eine solche Verankerung nicht. Lediglich bei Waffenschränken, in denen mehr als 5 und bis zu 10 Kurzwaffen aufbewahrt werden, muss nach Nr. 36.2.4 WaffVwV (Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz) das Sicherheitsbehältnis ein Gewicht von mindestens 200 Kg haben oder es muss mit einem 200 Kg vergleichbaren Gewicht gegen Abrisskräfte verankert sein.

Das Landeskriminalamt NRW hat im Einvernehmen mit dem Innenministerium im Jahr 2021 gegenüber den Waffenbehörden die Empfehlung ausgesprochen, dass sämtliche Waffenschränke mittels einer Verankerung gegen eine unbefugte Wegnahme gesichert werden sollten. Nur so könnten auch kleinere Waffenschränke ihre Sicherheits- bzw. Schutzfunktion entfalten. Denn je leichter ein Waffenschrank sei, desto sinnvoller sei eine zusätzliche Verankerung, um ihn gegen eine unbefugte Wegnahme zu sichern. Hierbei handelt es sich allerdings eben nur um eine Empfehlung. Eine Nichtbefolgung löst für sich alleine noch keine rechtlichen Konsequenzen aus, wie das Innenministerium betont hat. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Gerichte die fehlende Verdübelung eines kleinen und leichten Waffenschrankes, der bei einem Einbruch von Unbefugten entwendet wurde, als Verstoß gegen die Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung von Waffen aus § 36 Abs. 1 WaffG und damit als Unzuverlässigkeitsgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG bewerten.

  • Rutscht eine Patrone unbemerkt hinter das Innenfutter des Rucksacks oder des Mantels, dann handelt es sich nach Einschätzung des Innenministeriums in der Regel um einen geringfügigen Sorgfaltsverstoß, der nicht die Annahme einer Unzuverlässigkeit rechtfertigt. Anders ist der endgültige Verlust einer Kurzwaffe während einer Nachsuche in schwierigem Gelände zu beurteilen. Hierzu vertritt das Ministerium die Auffassung, dass es eigentlich nicht vorkommen darf, dass eine Kurzwaffe bei der Jagd endgültig abhandenkommt und damit das Risiko besteht, dass unbefugte Dritte in den Besitz der Waffe gelangen. Hier kommt es allerdings auf die Umstände des Einzelfalls an.
  • Wenn ein Jäger mit seinem Auto durch sein Jagdrevier fährt, hat er seine mitgeführten Langwaffen vollständig entladen, also auch nicht unterladen, im Futteral zu transportieren. Wenn er sein Fahrzeug kurzzeitig ohne Waffe verlässt, etwa um einen Hochsitz, eine nahegelegene Kirrung oder eine Falle zu kontrollieren, dann muss er sein Fahrzeug verschließen.
    Dies betrifft auch die Seitenfenster. Die Waffen und die Munition sind im Fahrzeug so aufzubewahren, dass sie von außen nicht sichtbar sind. Zu diesem Zweck sind die Waffen im Fußraum oder im Kofferraum zu verstauen. Liegen Sie auf dem Rücksitz, dann sollten Sie wenigstens mit einer Decke oder einem Mantel abgedeckt sein. Wer diese Sorgfaltsanforderungen missachtet, dem droht im Falle eines Waffendiebstahls aus dem Auto ein Widerruf seiner WbK wegen Unzuverlässigkeit.

Keine Schießerlaubnis bei verletzten Weidetieren:

Nutztierrisse durch Wölfe nehmen auch in NRW zu. Gelegentlich werden Jäger von den betroffenen Weidetierhaltern um Hilfe gebeten, die bei Wolfsübergriffen zum Teil schwer verletzten Tiere, zumeist Schafe, durch Fangschuss von ihren Leiden zu erlösen. Zu Recht muss ein solches Ansinnen von Jägern abgelehnt werden. Da es sich bei solchen Nottötungen nicht um Jagdausübung handelt, bedürfte es zur Fangschussabgabe einer gesonderten polizeilichen Schießerlaubnis gemäß § 10 Abs. 5 WaffG. Außerdem wäre diese Fangschussabgabe auch nicht mehr von der Jagdhaftpflichtversicherung des Jägers gedeckt.

Auf diese Problematik angesprochen teilte das Landesinnenministerium mit, dass keine Möglichkeit für eine waffenrechtliche Genehmigung zum Abschießen verletzter Nutztiere bestehe. Man habe aber dem NRW -Landwirtschaftsministerium bereits im Januar dieses Jahres anheimgestellt, für diese Fälle eine explizite Regelung im Jagdrecht zu schaffen. So könnte beispielsweise die im § 28 a LJG NRW geregelte Nottötungsbefugnis bei schwerkrankem, verunfalltem Wild auf das Erlegen von verletzten Tieren aller Art erweitert werden.

Im Sinne des Tierschutzes wäre es sicherlich zu begrüßen, wenn der Landesgesetzgeber diese Anregung des Ministeriums aufgreifen und diesbezüglich einen rechtssicheren Handlungsrahmen für Jäger schaffen würde.

Wohin mit der Zahlenkombination des Waffenschrankes?

Das Schlüsselurteil des OVG NRW vom 30.8.2023 wurde von den hiesigen Waffenbehörden zum Anlass genommen, Anfang des Jahres alle Legalwaffenbesitzer in NRW anzuschreiben. Dabei wurden auch umfangreiche Empfehlungen zur Auswahl bzw. Gestaltung der Zahlenkombinationen (Code) des Waffenschrankschlosses gemacht. Dabei wurde – wohl zurecht – auch darauf hingewiesen, dass die Dokumentation der Zahlenkombination, auf die Dritte Zugriff haben können, unzureichend sei. Gleiches dürfte nach Auffassung des LJV für die Hinterlegung der Kombination bei einem Notar oder in einem Testament, welches beim Amtsgericht hinterlegt ist, gelten. Waffenrechtlich Unbefugte könnten Kenntnis von der Zahlenkombination erhalten.

Viele, vor allem ältere Jäger, treibt indessen die Sorge um, bei nur seltenem Umgang mit ihren Waffen, die Zahlenkombination zu vergessen oder im Falle ihres Versterbens ihren Erben keine Möglichkeit zu verschaffen, die Waffen in Besitz nehmen zu können, ohne den Schrank aufbrechen lassen zu müssen.

Ein Einprägen der Zahlenkombination ohne schriftliche Fixierung dürfte der rechtssicherste Weg sein. Rechtsprechung dazu liegt – soweit ersichtlich – noch nicht vor. Sollte es dennoch ein praktisches Bedürfnis für eine schriftliche Fixierung geben, sollte dies wohlüberlegt werden, um das damit verbundene Risiko des Entdeckens und Zuordnens des Zahlencodes zu unterbinden.

Wegen praktikabler und rechtskonformer Möglichkeiten zur schriftlichen Fixierung und Hinterlegung der Zahlenkombination, insbesondere für den Todesfall, wird der LJV mit dem Innenministerium im weiteren Austausch bleiben.

Ob und durch welche Maßnahmen eine sichere Hinterlegung der Zahlenkombination auch in einem digitalen Datenspeicher möglich ist, bedarf ebenfalls noch weiterer Prüfung. Klar muss aber für jeden Waffenbesitzer sein, dass die Zahlenkombination zu seinem Waffenschrank einem Schlüssel gleichzusetzen ist. Für beides gelten gleich strenge Sorgfaltsanforderungen.

Wohin mit den Waffen im Alter?

Auch ein langes Jägerleben neigt sich irgendwann einmal dem Ende zu. Altersbedingte Gebrechen und Krankheiten veranlassen viele hochbetagte Jäger dazu, keinen Jagdschein mehr zu lösen, also buchstäblich die Waffe endgültig an den Nagel zu hängen. Waffenrechtlich bedeutet dies einen endgültigen Wegfall des Bedürfnisses, als Jäger Waffen besitzen zu dürfen. Mit dem folgerichtigen Widerruf der WbK durch die Waffenbehörde (§ 45 Abs. 2 WaffG) ist dann regelmäßig die Auflage verbunden, die eingetragenen Waffen „abzugeben“. Letzteres kann durch Übertragung der Waffen an einen anderen Erwerbsberechtigten oder durch Übergabe der Waffen an die Waffenbehörde zur Vernichtung geschehen.

Jeder ältere Jäger, der eine solche Situation auf sich zukommen sieht, sollte sich rechtzeitig Gedanken über den späteren Verbleib seiner Jagdwaffen machen. Am einfachsten hat es derjenige, der im Kreis seiner Angehörigen oder Freunde Jäger hat, denen er seine Waffen übertragen kann. Ansonsten bleibt häufig nur der wenig lukrative Verkauf der Waffen an sonstige Erwerbsberechtigte. Auf jeden Fall sollte möglichst vermieden werden, den eigenen Nachlass mit erlaubnispflichtigen Waffen zu befrachten. Nichtjagende Erben sind häufig mit dem Umgang der im Nachlass befindlichen Waffen überfordert.

Mit bestimmten Jagdwaffen verbinden den Besitzer besondere jagdliche Erinnerungen. Einige Jäger haben zu ihren Waffen sogar eine starke emotionale Beziehung. Sie möchten sich deshalb zu Lebzeiten nicht von ihren Waffen trennen, selbst wenn sie damit nicht mehr aktiv jagen. Aus Furcht, ansonsten sich endgültig von ihren liebgewonnenen Waffen trennen zu müssen, verlängern zahlreiche hochbetagte Jäger weiterhin ihren Jagdschein, obwohl sie altersbedingt, gar nicht mehr beabsichtigen, noch jagen zu gehen. Das muss nicht sein, denn § 45 Abs. 3 WaffG bietet die Möglichkeit, auch bei einem endgültigen Wegfall des Bedürfnisses – ausnahmsweise – von einem Widerruf der WbK abzusehen. Diese Vorschrift wurde seinerzeit vom Gesetzgeber ausdrücklich im Interesse älterer Jäger geschaffen.

Auf Vorhalt dieser Sonderregelung bestätigt das NRW-Innenministerium, dass vom Widerruf aus besonderen Gründen abgesehen werden könne, obwohl aus Altersgründen das waffenrechtliche Bedürfnis (Jagdschein) endgültig weggefallen ist. Der Begriff „besonderer Grund“ sei allerdings nach Ziffer 45.3.2 der Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz eng zu verstehen. Allein das allgemeine wirtschaftliche Interesse an einem fortwährenden Besitz der Waffe reiche nicht aus, etwa in Gestalt der Befürchtung von Wertverlusten bei der Veräußerung. Vorstellbar seien in diesem Zusammenhang nur Fallgestaltungen, die beispielsweise auf der Basis einer langjährig aktiven, nunmehr jedoch z.B. aus Altersgründen aufgegebenen Betätigung als Jäger, Sportschütze oder Sammler ein besonderes Interesse an einzelnen Waffen begründeten.

Dies dürfte, auch nach Auffassung des NRW-Innenministeriums, bei Jägern in der Regel in Betracht kommen, wenn sie mit diesen konkreten Waffen langjährig der Jagd tatsächlich nachgegangen sind.  Allerdings wird eine Waffenbehörde ohne das Vorliegen von Anhaltspunkten solche Gesichtspunkte nicht berücksichtigen und wird Waffenbesitzer auch nicht von sich aus auf die Ausnahmebestimmung des § 45 Abs. 3 WaffG hinweisen. Deshalb ist älteren Jägern anzuraten, von sich aus proaktiv auf die Waffenbehörde zuzugehen und die aus ihrer Sicht wichtigen Aspekte zum Behaltendürfen bestimmter Waffen dort konkret vorzutragen.

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