Naturschutz

Informationen zur Blauzungenkrankheit bei Wildwiederkäuern in NRW

Die Blauzungenkrankheit (Englisch: Blue tongue disease) ist eine Viruserkrankung bei Wiederkäuern – insbesondere bei Schafen, Rindern, Ziegen und Neuweltkameliden (Alpakas), aber auch bei Wildwiederkäuern. Sie stellt keine Gefahr für den Menschen dar. Das Blue-Tongue-Virus (BTV) aus der Familie der Reoviren wird v. a. durch Gnitzen (Stechinsekten der Gattung Culicoides) übertragen, weshalb die Erkrankung vor allem in der warmen Jahreszeit und bei feuchtwarmen Wetter auftritt.

Seit dem Nachweis in den Niederlanden 2006 verbreiteten sich die BTV-Serotypen 6 und 8 auch nach Deutschland, Frankreich, Belgien und der Schweiz. Im Oktober 2023 wurde in Deutschland erstmals der BTV-Serotyp 3 nachgewiesen. Seit Juli 2024 nehmen die Erkrankungen durch diesen Serotyp in Deutschland deutlich zu (siehe Karte). Insbesondere Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, aber auch Rheinland-Pfalz und Hessen sind betroffen. Mit einer Ausbreitung in weitere Bundesländer ist laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) noch bis in den Winter hinein zu rechnen.

Von der Blauzungenkrankheit betroffene Tiere (hier v. a. Schafe) zeigen erste Krankheitsanzeichen nach ca. einer Woche in Form von Fieber, Apathie und Absondern von der Herde. Im weiteren Krankheitsverlauf sind die Maulschleimhäute stark gerötet und geschwollen. Auch eine Rötung der Kronsäume an den Klauen und eine damit verbundene Lahmheit kann beobachtet werden. Bei tragenden Tieren kann eine Infektion auch zu Fehlgeburten (Aborten) führen. Vor allem bei Rindern können die Krankheitsanzeichen an das Krankheitsbild der Maul- und Klauenseuche erinnern, sodass eine genaue Untersuchung erforderlich ist.

Klinisch werden durch den aktuellen grassierenden Serotyp 3 allen voran Schafartige betroffen. Unter den Wildwiederkäuern ist daher das Muffelwild besonders gefährdet. Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUÄ) NRWs berichten bereits von einigen Muffeln, die zur Untersuchung eingesandt wurden und bei denen Blauzungenkrankheit festgestellt wurde. Welche Auswirkungen dies auf die heimischen Bestände haben wird, kann noch nicht abgeschätzt werden. Hirschartige zeigen anscheinend kaum bis keine erkennbaren Krankheitsanzeichen.

Die FJW hat bereits im Jahr 2022 und 2023 in Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Eifel und dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) Beprobungen von Jagdstrecken durchgeführt, da ein Eintrag des Virus aus Belgien/Niederlande/Frankreich vorausschauend erwartet wurde. Anhand der Ergebnisse wurde deutlich, dass die Wildwiederkäuer bereits damals Kontakt zu dem Blauzungenvirus hatten, da mehr als 30 Prozent der beprobten Tiere bereits Antikörper aufwiesen.

Auch im Rahmen des Fallwildmonitorings wurde in den letzten Jahren bei eingesandten Wildwiederkäuern verdachtsweise immer auf das Virus untersucht. Rot-, Dam-, Sika- und Muffelwild wird jedoch leider nur selten zur Untersuchung eingeschickt, weshalb die Datenlage dahingehend sehr eingeschränkt ist. Todesfälle durch die Blauzungenkrankheit wurden bei großen Wildwiederkäuern in den letzten Jahren aber nicht nachgewiesen. Des Weiteren wurden im Jagdjahr 2020/2021 ebenfalls 81 von 109 eingesandten Rehen negativ auf das Virus getestet.

Um einen möglichst guten Überblick über das aktuelle Geschehen bei Wildwiederkäuern in NRW zu erlangen, wird darum gebeten verendete oder krank erlegte Wildwiederkäuer einer entsprechenden Untersuchung zuzuführen. Hierzu sollte auch der Kontakt zum zuständigen Veterinäramt aufgenommen werden.

Ebenfalls ist es möglich im Rahmen von Jagdstreckenbeprobungen erlegte Tiere auf das Virus zu untersuchen. Die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung (FJW) unterstützt dies und kann bei Interesse hinsichtlich der Beprobung kontaktiert werden.

Eine Behandlung dieser Viruserkrankung ist nicht möglich. Da das Virus durch Gnitzen übertragen wird, kann eine Ansteckung meist nicht verhindert werden. Erkranktes Wild sollte natürlich im Rahmen der Hege aus Tierschutzgründen entnommen und einer Untersuchung an den CVUÄ in Arnsberg, Detmold, Münster oder Krefeld zugeführt werden. Die Kosten für die Untersuchung werden von der FJW übernommen.

Dr. Luisa Fischer

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