
Wiederbewaldung erfordert angepasste Wildbestände und eineBejagung des Rehwildes in Verantwortung für Wald und Wildtier
Aktuell bleibt es erforderlich, die Voraussetzungen für eine klimastabile Waldverjüngung durch eine intensive, gleichzeitig wildtiergerechte und nachhaltige Bejagung zu unterstützen. Aus der Staatszielbestimmung zum Tierschutz und Naturschutz in Art. 20 a des Grundgesetztes – dieser Artikel gilt für alle Wildtiere! – den einschlägigen jagdrechtlichen Regelungen und der Biologie des Rehwildes folgt, dass eine Anpassung der Rehwildbestände primär innerhalb der regulären Jagdzeit, insbesondere durch eine intensive und hinreichende Bejagung des weiblichen Wildes ab September erfolgen muss. Die Vernachlässigung der Bejagung des weiblichen Rehwildes in der regulären Jagdzeit ist kein Kavaliersdelikt und bietet auch keine Begründung für eine Schonzeitaufhebung. Eine Schonzeitaufhebung im April ist eine Ausnahme für Kalamitätsflächen – kann jedoch keine Regellösung sein.
Dass die Temperatursteuerung im Frühjahr bei den Pflanzen in erster Linie über Schwellenwerte, die Jahresperiodik der Wiederkäuer dagegen in erster Linie über die Hirnanhangdrüse gesteuert wird, ist lang bekannt. Die Tiere reagieren im Frühjahr nicht auf höhere Temperaturen, sondern auf die länger werdenden Tage. Geringe Nierenfettindex-Werte im April signalisieren einen weitgehenden Abbau körpereigener Reserven, sodass Wildtiere gerade in dieser Zeit Ruhe brauchen.
Auch eine Bejagung zur Unterstützung der Wiederbewaldung erfordert bei einer Prüfung von Schonzeitaufhebung neben der Beurteilung des Waldes die Berücksichtigung der jahreszeitlichen Situation des Wildes. Diese Aspekte sind von der obersten Behörde mit Beteiligten und Betroffenen umfassend erörtert und abgewogen worden.
Die Konditionsbeurteilung nach der visuellen Einschätzung des Nierenfettindex wurde und wird auch in NRW seit Jahrzehnten in verschiedenen Untersuchungsräumen bei Dam-, Rot-, und Rehwild zur Beurteilung einer stoffwechselbedingten Notzeit eingesetzt. Eine Stichprobe aus dem Königsforst – 90 % der Rehe waren hier in der Erholungsphase nach dem Winter – war und ist in Verbindung mit der Biologie des Rehwildes der wesentliche Grund, mögliche Schonzeitaufhebungen im April auf die Hauptschadensgebiete und die tatsächlichen Kalamitätsflächen zu begrenzen.
Der aktuelle Erlass ist mit seiner Beschränkung der Ausnahmeregelung zur Aprilbejagung auf Wiederbewaldungsflächen sachgerecht und der vorgesehenen Evaluierung in Hinblick auf die Effektivität der Maßnahme zielführend. Die Vergrößerung der Datenbasis durch die von der Forschungsstelle initiierte Dokumentation des Nierenfettindex kommt der Entscheidungsbasis in Zukunft zugute. Beide Maßnahmen erfordert die Mitwirkung der Akteure. Verantwortliches Jagen im Rahmen einer Schonzeitaufhebung heißt auch die erforderlichen Daten zu liefern.
Reviere, die nicht in der Kulisse für die Möglichkeit der Aprilbejagung liegen, sollten dankbar sein, dass sie offensichtlich nicht in den Hauptschadensgebieten liegen. Anträge für Reviere außerhalb der Hauptschadensgebiete müssen geprüft werden. Waldbilder auch in NRW belegen, dass arten- und strukturreiche Wälder nicht von einer Schonzeitaufhebung im April abhängen!
Eine an der Wiederbewaldung orientierte und zudem wildtiergerechte Bejagung nutzt der Waldentwicklung und zudem der Akzeptanz der Jagd als nachhaltigen Nutzung in der Gesellschaft.
Dr. Michael Petrak, Ombudsmann Wiederbewaldung